Der Rückblick auf die Entwicklung des Marktes für Fitnessstudios in Deutschland seit 1970 zeigt, dass es sich um eine dynamisch wachsende als auch rasant verändernde Branche handelt. Daneben sind hohe Fluktuationsraten zu beobachten. Dieser Status quo soll im Artikel näher betrachtet werden.
Das Wichtigste in Kürze:
- Für einen Großteil der Fitnessstudiomitglieder sind hohe Hygienestandards und konventionelle Trainingsangebote am wichtigsten.
- Um diese Standards und Trainingsqualität zu gewährleisten, braucht man außerdem qualifizierte Studiomitarbeiter.
- Die Mitarbeiter stellen zusätzlich einen wichtigen Faktor zur Kundenbindung dar.
- Das Management eines Fitnessstudios sollte sich zumindest auf einen dieser Punkte fokussieren, um die Kunden zufriedenzustellen.
- Auf Grundlage der theoretischen Erkenntnisse zur Entstehung von Kundenzufriedenheit wurde hierzu anhand eines eigen entwickelten Erhebungsinstrumentes eine Querschnitts-Onlinebefragung im Jahr 2019 von Fitnessstudiokunden (n = 1.169) durchgeführt.
Im Folgenden wird nun die Handlungsstrategie für die Praxis formuliert. Entscheidend dabei ist, die Ableitungen anwendungsorientiert auf die vom Kunden als relevant eingestuften Qualitätsmerkmale zu fokussieren.
Aus wirtschaftlicher Sicht stellt die Entscheidung hinsichtlich der zukünftigen Ausrichtung und der damit zusammenwirkenden Positionierung auf dem Markt das Studiomanagement jeder Fitnessanlage vor eine Herausforderung.
Ausgehend von der aktuellen skizzierten Kenntnislage werden im Gedankenschluss nachfolgende vier Handlungsempfehlungen abgeleitet und auf die ersten beiden wird näher eingegangen:
- Hohe Hygienestandards als elementare Basisgrundlage
- Konventionelle Trainingsangebote als Haupttreiber
- Qualifizierte Studiomitarbeiter als direkte Kundenbinder
- Digitale Fitnesstools als integrative Studioleistungen
Sowohl das Praxiswissen als auch die theoretischen Erkenntnisse zu den Motiven für eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio stellen den ersten wichtigen Hinweis in Bezug auf das Kundenbindungsmanagement dar. Es kann hierbei festgehalten werden, dass der Großteil der Studiomitglieder daran interessiert ist, sich allgemein körperlich fit und gesund zu halten, wobei auch das Bedürfnis nach zeitlicher Ungebundenheit einen hohen Stellenwert eingenommen hat.
Die Aspekte Zeit und Ortsungebundenheit, wie z. B. hinsichtlich Trainingsmöglichkeiten für zu Hause oder unterwegs, werden durch die praktische Implikation (4) „Digitale Fitnesstools als integrative Studioleistungen“ weiterverfolgt.
Fitnessstudios grenzen sich insbesondere durch die Bereitstellung an Räumlichkeiten und physischen Trainingsgeräten von reinen Online-Fitnessstudios ab. Daher werden ausschließlich webbasierte Fitnessanbieter bei der Ausarbeitung der folgenden Handlungsstrategie vernachlässigt.
Handlungsempfehlung 1:
- Hohe Hygienestandards als elementare Basisgrundlage
- Die erste Handlungsempfehlung rückt den Aspekt „Hohe Hygienestandards als elementare Basisgrundlage“ in den Fokus. Im Zusammenhang mit der Thematik der Kundenabwanderung spielen
- Sauberkeit und Hygiene im Fitnessstudio eine zentrale Rolle.
Die empirischen Untersuchungsergebnisse untermauern die theoretischen Erkenntnisse. Mangelnde Sauberkeit und Hygiene stellen der Studie zufolge für 45 % der Befragten den schwerwiegendsten Kündigungsgrund dar. Somit ist diese Handlungsstrategie essenziell.
Aufgrund – bis zur Coronapandemie – stetig steigender Mitgliederzahlen (DSSV, 2021) geraten Fitnessstudios zunehmend in den Fokus der Gesundheitsämter. Die grundsätzlichen Hygienevorschriften müssen erfüllt sein (Fitnessmarkt, 2018).
Je nach Anlagentyp und Größe der Fitnesseinrichtung differiert der Reinigungsumfang. Besonders die Studiobereiche, in denen sich die Gefahr, mit Keimen in Kontakt zu geraten, am wahrscheinlichsten zeigt, müssen täglich gereinigt werden. Dazu zählen Toiletten, Barfußbereiche, Böden und Fliesen in den Duschen sowie Flächen, die mit Händen in Berührung kommen.
Nicht allein die Sauberkeit in den Fitnessräumlichkeiten ist von Bedeutung, sondern auch die persönlichen Hygienestandards der Kunden spielen eine gewichtige Rolle. Über die Hände wird eine Vielzahl an Krankheitserregern aufgenommen. Durch die pandemische Lage erlangte die strikte Einhaltung dieser persönlichen Hygienemaßnahmen umso mehr an Bedeutung und ist somit unumgänglich, um sowohl den sicheren Studiobesuch für alle Beteiligten auch weiterhin gewährleisten zu können als auch die Kundenzufriedenheit in höchstem Maß zu erhalten.
Es ist Aufgabe des Studiomanagements, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und jeden einzelnen Mitarbeiter mit den vorgegebenen Hygienestandards vertraut zu machen, um deren Inhalte und Vorgaben auch gewissenhaft umsetzen zu können. Regelmäßige Evaluation und Kontrollen durch den Einsatz eines Hygienebeauftragten werden empfohlen.
Handlungsempfehlung 2:
Konventionelle Trainingsangebote als Haupttreiber
Die zweite Handlungsempfehlung betrachtet „konventionelle Trainingsangebote als Haupttreiber“ der Leistungserstellung von Fitnessstudios. Obwohl die stetige Ausdifferenzierung der Angebote in Fitnesseinrichtungen zu beobachten ist, haben die Ergebnisse der Befragung gezeigt, dass folgende „klassische“ Trainingsangebote im Fokus der Kundennutzung stehen:
- Krafttrainingsmaschinen
- Ausdauertrainingsgeräte
- Bereich für Freihanteltraining
- Bereich für funktionelles Training
- Gruppentraining
Neben der vorausgesetzten Funktionstüchtigkeit sämtlicher Fitnessgeräte und Trainingsmittel kommt es hier zu einem unabdingbaren Zusammenspiel mit der Handlungsempfehlung (3) „Qualifizierter Studiomitarbeiter als direkter Kundenbinder“.
Insbesondere benötigen Trainingsanfänger zu Beginn ihrer Mitgliedschaft eine adäquate Geräte- und Übungseinweisung, die aber im Laufe der Studiozugehörigkeit im Rahmen der abwechslungsreichen und progressiven Trainingsgestaltung regelmäßig wiederholt oder erweitert werden sollte. Beispielhaft sind hier die Empfehlung der entsprechenden Trainingsgewichte, die Korrektur bei fehlerhafter Übungsausführung oder allgemeines Lob zu nennen, sodass der Kunde nicht durch „falsche“ Gewohnheiten seine Leistungsfähigkeit riskiert.
Es gilt der Grundsatz: Jede Gerätenutzung verbessert nur dann die persönliche Fitness oder ist gesundheitsförderlich, wenn die Übungen korrekt und für den Bewegungsapparat schonend ausgeführt werden.
Weiterhin dienen regelmäßige Feedbackgespräche durch die persönliche Ansprache des Studiomitarbeiters der Motivationssteigerung des Kunden. Diese „weichen Faktoren“ fördern mittels „klassischer“ analoger Trainingsgeräte einerseits die Effektivität des individuellen Trainings, andererseits aber auch die persönliche Bindung bzw. die Verbundenheit des Kunden mit „seinem“ Studio.
Neben den Aspekten für eine Nutzung konventioneller Trainingsgeräte empfiehlt es sich, das Leistungsangebot ergänzend durch diverse Gruppentrainingsmöglichkeiten auszubauen. Hierbei sollte neben einer heterogenen Auswahl der Trainingsangebote für jüngere und ältere Menschen sowie geschlechtsspezifischen Unterschieden der Fokus ebenfalls auf verschiedene Leistungsniveaus gelegt werden.
Mit der Umsetzung von „HIIT – High Intensity Interval Training “ oder Kombinationen aus Yoga und Pilates kann sowohl die gesteigerte Attraktivität für potenzielle als auch der wahrgenommene Mehrwert für bestehende Kunden in Bezug auf das Trainingsangebot zu erwarten sein. Hierbei sind insbesondere gesundheitsorientierte Trainingsangebote ein Faktor, der zur wirtschaftlichen Steigerung des Fitnessstudios beitragen kann.
Verstärkt wird dieser Aspekt durch Veränderungen im Gesundheitswesen sowie durch die Überalterung der Gesellschaftsstruktur, einhergehend mit dem demografischen Wandel. Beispielsweise können durch Krankenkassen bezuschusste Präventionskurse wie Wirbelsäulengymnastik als zusätzliche Leistungen im Angebotsspektrum von Fitnessstudios integriert werden.
In diesem Punkt erweitert sich diese Handlungsempfehlung insofern, als sich das Studio nach außen hin öffnet. Damit ist gemeint, dass das eingebundene Personal die Durchführung von Leistungsangeboten, die spezielle Zertifizierungen und Zusatzqualifikationen voraussetzen, übernimmt, wie zum Beispiel die Lizenz zum Rückenschullehrer.
Auch die Kooperation mit sogenannten Sportaggregatoren ist denkbar. Hierbei gilt der Grundsatz: Je heterogener das Trainingsangebot zusammengesetzt ist, desto höhere Anforderungen bedeutet dies für die Studiomitarbeiter. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Umsetzung der Kundenorientierung entsprechende Rahmenbedingungen in Bezug auf die Unternehmensstrukturen, -systeme und -kultur voraussetzt.
Quelle: BODYMEDIA
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Veröffentlicht am: 3. Oktober 2022