Nachgefragt bei Christiane Ziemer, Wettkampfdirektorin des DFAV e.V.
Quo vadis Group-Fitness? Aerobic, Step und Bauch-Beine-Po – Klassiker prägen die Fitness-Szene seit Jahren. Darüber hinaus ist die Branche ständig in Bewegung und entwickelt neue Kurs- und Bewegungsformen. Immer wieder können sich Trends etablieren, viele allerdings sind genauso schnell verschwunden, wie sie gekommen sind. Betreiber und Trainer stehen deshalb ständig vor der Frage, welche Formate ins Angebot müssen oder könnten. F&G sprach mit der renommierten Expertin Christiane Ziemer über ihre Einschätzung zur Entwicklung der Group-Fitness.
F&G: Welche neuen Trends für den Group-Fitness-Bereich sind Dir auf der FIBO 2014 aufgefallen?
Christiane Ziemer: Aus meiner Sicht wurde erstens der Action- und Party-Aspekt ausgebaut. Gute Musik steht hierbei im Vordergrund. Group-Fitness ähnelt zunehmend dem Club-Feeling mit Animation für die Teilnehmermasse. Insgesamt beobachtet man mehr Ani mation und weniger Unterricht. Als Beispiel fällt mir „Bokwa“ ein.
Dann gibt es zweitens aber auch Trainingsformate, die immer bleiben, bzw. wiederkommen ─ wie das gute, alte und neue Zirkeltraining. Hier zählen old school, new school, freestyle, outdoor: Zurück zur Natur, frei nach der Trimm-Dich-Philosophie.
Drittens denke ich an Kombinationsprogramme. Im Gegensatz zu klassischen Programmen, wie z. B. Step, werden mehrere Ansätze vermischt wie: Piloxing = Boxen und Pilates. Zumba Sentao, Ballettworkout, etc. Oft sind die Programme gar nicht „neu“ sondern bereits seit Jahren auf dem Markt, werden jedoch erst jetzt entdeckt.
F&G: Welche dieser Trends haben aus Deiner Sicht das Potenzial, sich nachhaltig in den Studios zu etablieren?
Christiane Ziemer: Im Group-Fitness-Bereich ist es das „Zirkeltraining“. Es ist unendlich vielfältig. So lassen sich verschiedenen Leistungsgruppen mit unterschiedlichem Fitnesslevel, Alter oder Geschlecht ideal zusammen oder auch getrennt trainieren. Zirkeltraining ist sogar für Erwachsene mit Kids oder Tanzliebhaber geeignet. Und vor allem lässt sich das Zirkeltraining jederzeit den aktuellen Trends ohne großen Aufwand im Kursraum anpassen.
F&G: Ich welchen Bereichen hat sich die Group-Fitness in den letzten Jahren am stärksten weiterentwickelt?
Christiane Ziemer: In Sachen Akzeptanz, dass ruhige wie kraftreiche sowie temporeiche Konditionsprogramme
voneinander profitieren und miteinander verknüpft werden können. Zum Beispiel ist Yoga gemeinsam mit Aerobic als neues Unterrichtskonzept möglich.
F&G: Welche Zielgruppe ist aus Deiner Sicht die interessanteste für Group-Fitness-Anbieter und warum?
Christiane Ziemer: Mid-Ager (ca. 30-50 Jahre) und zum Schrecken vieler Kollegen Teenager, denn hier stecken breit gefächerte Potenziale, welche es nur zu nutzen gilt ... Stark vor dem „Sprung“ stehen Kinderprogramme.
F&G: Hat es bei den Zielgruppen in den letzten Jahren Veränderungen gegeben?
Christiane Ziemer: Die Aufteilung der Angebote von Sportstudios, Tanzschulen etc. hat sich geöffnet und verteilt. Ballettschulen bieten z. B. Yoga an, Gesellschaftstanzschulen sind äußerst ambitioniert in Bezug auf Zumba. Sportstudios bieten Gesundheitskurse oder Tanzfitness an. Kurzum: Alles bewegt sich. Durch die Präventionskurse der Krankenkassen ist sehr viel möglich geworden.
F&G: Welches Angebot bzw. welche Geräte können kleine Studios ohne viel Platz für Group-Fitness-Fans bieten?
Christiane Ziemer: Mix-Stunden laufen immer gut. Dafür eignen sich sehr gut Widerstandsbänder in allen Variationen. Hanteln bzw. Gewichte, die auch für Lagerungen genutzt werden können, Matten, welche nicht nur zum Liegen taugen und Holzstäbe oder Schwingstäbe bieten sich an.
Ich persönlich, würde immer versuchen, zumindest einige Steps vor Ort zu haben, um für alle Altersgruppen und Haltungs- bzw. Bewegungsprobleme offen zu bleiben.
F&G: Welche Group-Fitness-Kurse sollten Studios als „Grundausstattung“ anbieten?
Christiane Ziemer: 1. Wirbelsäulen-Gesundheit: Diese ist jederzeit und für alle Altersklassen, unabhängig vonTrends, Gruppengröße und Raumgröße, umsetzbar.
2. Mixstunden aller Art und Zirkeltraining.
3. „Haltungskurse“: Dafür ist es nie zu früh bzw. zu spät und es macht Spaß ─ ehrlich! Gute Haltung bringt innere Haltung. Spürbar ist ein Trend zur "Gehschulung und Haltungsschulung“, auch bedingt durch Mode und High Heels.
F&G: Letzte Frage: Welche Rolle spielt die aktuelle Sportmode in der Group Fitness?
Christiane Ziemer: In ist derzeit: quietschbunt, Sommerlaune! Kurzum: Spaß und Unterstützung des Bewegungsgefühls stehen auch bei der Mode im Vordergrund. In den letzten Jahren hat sich die Group-Fitness-Mode der Alltagsmode angenähert, z. B. bei den Farben und Formen. Die Kleidung aus der Trainingsstunde wird zum Teil auch auf der Straße, im Alltag getragen. Vor allem Hip Hop oder Zumba haben das noch verstärkt.
F&G: Herzlichen Dank für deine Einschätzung.
Quelle: F&G
Veröffentlicht am: 13. August 2014