Kündigung mit Attest - Krankheitsbedingt?

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Kündigung mit Attest - Krankheitsbedingt?

Landgericht Frankfurt/Main urteilt nach ­Zurück­verweisung durch BGH

Attest-Kündigung: Wie sollen Studio­betreiber verfahren, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit des Attestes haben? Das Landgericht Frankfurt/Main hat nach einer entsprechenden Zurückverweisung durch den BGH jetzt ein klares Urteil gesprochen. Für die Betreiber wird es leider nicht einfacher, aber die Regeln sind jetzt klar.

In seltenen Fällen gelangen Streitigkeiten zwischen Fitnessstudio und Mitglied bis vor den Bundes­gerichtshof (BGH). So hat der BGH auch am 08.02.2012 (Az.: XII ZR 42/10) ein viel beachtetes Urteil gesprochen, in dem es um eine sogenannte Attest-Kündigung ging.

Streitfall Kündigung mit Attest
Ausgangspunkt war ein Rechtsstreit zwischen einem Fitnessstudio und einem Kunden über sieben Monatsbeiträge zu je 44,90 Euro. Zugrunde lag ein Vertrag über eine Vertragsdauer von 24 Monaten, der sich immer wieder um 12 Monate verlängern sollte, wenn er nicht jeweils drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird.

Der Kunde hatte diesen Vertrag unter Beifügung eines ärztlichen Attestes aufgrund angeblicher gesundheitlicher Probleme fristlos gekündigt. Der Studiobetreiber akzeptierte die fristlose Kündigung nicht. Der Kunde stellte die Zahlungen ein, weshalb es dann zu dem Rechtstreit vor dem Amtsgericht Frankfurt kam.
In Ziffer 7 der Vertragsbedingungen des Fitnessstudios war folgende Regelung vorhanden:

Der Nutzer kann den Vertrag mit Wirkung des Eingangs bei dem B…-Center kündigen, wenn er krankheitsbedingt für die restliche Vertragslaufzeit die ­Einrichtung des Centers nicht nutzen kann. Zur Wirksamkeit der Kündigung ist erforderlich, dass sie unverzüglich, spätestens binnen zwei Wochen nach Kenntnis des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes erfolgt und der Kündigungserklärung ein ärztliches Attest eingefügt wird, aus dem sich nachvollziehbar die Erkrankung/gesundheitliche Beeinträchtigung ergibt, die einer Nutzung entgegenstehen soll.“

Das Amtsgericht Frankfurt/Main hatte die Klage des Studiobetreibers im Wesentlichen abgewiesen. Dagegen legte der Studiobetreiber Berufung zum Landgericht ein und hatte Erfolg. Der Kunde wurde verurteilt. Dagegen legte der Kunde Revision zum Bundesgerichtshof ein.

War die Kündigung rechtmäßig?
Der BGH hat in seinen Urteilsgründen zunächst klargestellt, dass die Laufzeit von 24 Monaten im vorliegenden Fall rechtmäßig ist.

Nach dem Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages war der Kunde lediglich zur Nutzung der Geräte und der Räumlichkeiten berechtigt. Weitere Verpflichtungen des Studiobetreibers, etwa zu Unterrichts- oder anderen Dienstleistungen, bestanden nicht. Wesentlicher Inhalt des Vertrages sei das Zur-Verfügung-Stellen der Fitnessgeräte und die Nutzung der Räumlichkeiten des Fitnessstudios.

Die Revision des beklagten Kunden hatte dennoch (vorläufig) Erfolg, weil das Berufungsgericht (Landgericht Frankfurt) nicht geprüft hatte, ob die von dem Kunden erklärte Kündigung – als außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund – zu einer Beendigung des Vertrages geführt hat.

Attest-Klausel nicht zulässig
Die (Attest-) Klausel, die der Studiobetreiber in seinen Mitgliedsverträgen verwendete, hielt der BGH für unzulässig, weil diese Klausel das Recht des Kunden zur außerordentlichen Kündigung unangemessen einschränkt. Diese Einschätzung des BGH erfolgte unter Anwendung der für die Inhaltskontrolle maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung.

Es sei nicht zulässig, im außergerichtlichen Bereich eine Klausel zu verwenden, die eine Kündigung von der Vorlage eines ärztlichen Attestes abhängig macht, aus der sich Art und Umfang der Erkrankung ergeben sollen. Der Studiobetreiber habe (außergerichtlich) keinen Anspruch darauf von den Kunden Angaben über die konkrete Art der Erkrankung zu verlangen.

Bei Zweifeln sei es dem Studiobetreiber jedoch unbenommen, die Berechtigung der außerordentlichen Kündigung infrage zu stellen und in einem gerichtlichen Verfahren die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung prüfen zu lassen. In dem Gerichtsverfahren würde der Kunde die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes tragen.

Der BGH hat die Sache zurück an das Landgericht Frankfurt/Main verwiesen, um zu überprüfen, ob der Kunde aufgrund der von ihm behaupteten Erkrankung zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages berechtigt war.

Gutachten widerlegt Attest
Das Landgericht Frank­furt/Main hatte daher erneut darüber zu entscheiden, ob dem Studiobetreiber die zu­gesprochenen Beiträge zustehen.

Mit Urteil vom 31.10.2013 hat das Land­gericht den Kunden wiederum zur vollständigen Zahlung verurteilt. Durch die fristlose Kündigung sei das Vertragsverhältnis nicht beendet worden, da kein wichtiger Grund vorlag.

Das Landgericht hatte zuvor eine Beweisaufnahme durchgeführt und das bereits außergerichtlich vorgelegte Attest des Internisten und seine Feststellungen überprüfen lassen. Der Arzt des Kunden hatte behauptet, der Kunde dürfe aus gesundheitlichen Gründen keinen Sport ausüben. Das Gericht hatte zwecks Überprüfung dieser Angaben einen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt. Dieser kam nach einer umfangreichen klinisch-orthopädischen Funktionsprüfung zu dem Ergebnis, dass der Kunde sich in einem guten Trainingszustand befinde und er nicht durch eine wesentliche Erkrankung auf orthopädischem Fachgebiet beeinträchtigt sei.

Auch die von dem Arzt des Kunden behaupteten Krankheitsanzeichen der Lendenwirbelsäule aufgrund einer degenerativen Bandscheibenveränderung konnte der gerichtlich beauftragte Sachverständige nicht feststellen. Nach Prüfung von Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule gelangte der gerichtlich beauftragte Sachverständige zu dem eindeutigen Ergebnis, dass es keinen medizinischen Grund gab, Sport zu vermeiden.

Der Sachverständige empfahl vielmehr, „ein angepasstes Fitnesstraining an Geräten, verbunden mit Übungen, um die Rückenmuskulatur zu kräftigen, um so Rückenschmerzen präventiv zu begegnen.“

Fazit
Das Urteil des BGH hat für viel Unruhe in der Fitnessbranche gesorgt, weil zahlreiche Journalisten und Medien es verfälscht darstellten. So wurde – verkürzt – behauptet, Kunden müssten außergerichtlich kein Attest vorlegen. Daraus zogen viele Leser den Schluss, dass Studiobetreiber stets krankheitsbedingte Kündigungen zu akzeptieren hätten.

Der BGH hat jedoch lediglich ausgeurteilt, dass der Kunde außergerichtlich nicht gezwungen werden kann, ein Attest vorzulegen und die Gründe der behaupteten Erkrankung darzulegen. Wenn der Studiobetreiber aber Zweifel hat, so kann er den gerichtlichen Weg einschlagen.

Innerhalb des Gerichtsverfahrens muss der Kunde darlegen und beweisen, dass er eine derart gravierende Erkrankung hat, dass ihm ein weiteres Training nicht möglich ist. Dies führt – leider – dazu, dass Kunden, die eine Prüfung, ob tatsächlich ein außerordentlicher Kündigungsgrund vorliegt oder nicht, verklagt werden müssen.

Sogenannte „Attest-Klauseln“ sind nicht notwendig. Der Studiobetreiber sollte auf derartige Klauseln verzichten.

Die Sozietät des Verfassers hat tausende Gerichtsverfahren geführt, bei denen es um Attest-Kündigungen ging. Soweit gerichtliche Sachverständigengutachten eingeholt wurden, gelangten die gerichtlich beauftragten Sachverständigen in nahezu 100 % der Fälle zu dem Ergebnis, dass Sport auch bei den behaupteten Krankheitssymptomen richtig und sinnvoll ist und sogar dazu führt, dass die Beschwerden vermieden werden. <<
Dr. Hans Geisler,
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Dr. Geisler, Dr. Franke und Kollegen Die Anwaltssozietät Dr. Geisler, Dr. Franke und Kollegen steht für kompetente, zielorient ier te und effektive Beratung. Zu der Sozietät gehören aktuell 12 Rechtsanwälte/innen und über 30  Mitarbeit er. Schwerpunkt ist die bundesweite Beratung mittelständischer und großer Unternehmen in nahezu allen Rechts- fragen. Sämtliche Rechtsanwälte/innen haben sich auf ver- schiedene Fachgebiete spezialisiert, oftmals bis zur Erlangung eines Fachanwaltstitels. Bezüglich aller denkb aren Rechtsfragen in der Fitness- und Freizeitbranche verfügt die Sozietät über ein einzigartiges Know-how. www.rae-geisler-franke.de

 

Quelle: F&G

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Veröffentlicht am: 26. August 2014

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