Die Arbeit im Fitnessstudio stand schon immer unter besonderen Voraussetzungen. Anfangs als Hobby abgetan, dann als Job für Enthusiasten, hat sich zumindest das Qualitätssegment der Branche immer weiter zum professionellen Dienstleister entwickelt, mit all seinen Vor- und Nachteilen für den Arbeitnehmer.
Das Wichtigste in Kürze:
- Es gibt vier Formen der Mitarbeiterbindung: die perspektivische, die normative, die emotionale und die rationale Bindung.
- Die Kommunikation von Zielen und Werten, Transparenz und Wertschätzung sind ein wichtiger Teil der Mitarbeiterbindung.
- Fitnessstudios sollten ihr Potenzial als attraktiver Arbeitgeber besser nutzen und neuen, jungen Mitarbeitern zeigen, wie sinnstiftend der Beruf sein kann.
- Mit qualifizierten und motivierten Mitarbeiter lassen sich vor allem auch hochpreisige Mitgliedschaften rechtfertigen und Kunden an das Studio binden.
Durch den grundsätzlichen Arbeitskräftemangel in fast allen Branchen, die Coronakrise und ständig steigender Inflation wird es in der Dienstleistungs- und damit auch in der Fitnessbranche immer schwerer, gute Mitarbeiter zu finden und diese auch zu halten. Deshalb setzen in jüngster Zeit auch viele Unternehmen des Qualitätssegments auf einen hohen Grad der Automatisierung, um entweder Kosten zu sparen und/oder um die benötigten Arbeitsstunden überhaupt noch decken zu können.
Im Low-Budget-Bereich mag das funktionieren ‒ ob das jedoch der zielführende Weg für Premiumanlagen ist, kann angezweifelt werden. Denn bei McDonalds setzt man schon lange auf große Displays, die die Bestellung entgegennehmen und die Bezahlung abwickeln, und es wird auf jede Art der Personalisierung oder Individualisierung verzichtet. Wenn man aber ein hochwertiges Restaurant besucht, erwartet der Kunde, dass er begrüßt und zum Platz geführt wird, ein netter und kompetenter Kellner die Tagesgerichte erklärt und zum gewählten Gericht noch den richtigen Wein empfiehlt.
Im Fitnessclub kommt erschwerend hinzu, dass die Kunden meist ihr gestecktes Ziel nicht erreichen, es fehlt also das Ergebnis. Ersatzweise binden kann man dann Kunden oftmals nur durch Erlebnisse. Aber für beides benötigt man erfahrene, qualifizierte und hoch motivierte Mitarbeiter. Zumindest das Qualitätssegment wird sich hierzu folglich Gedanken machen müssen, wie es höhere Preise rechtfertigen will.
Formen der Mitarbeiterbindung können die perspektivische, normative, emotionale und rationale Bindung sein.
Perspektivische Bindung
Die perspektivische Bindung, also die Möglichkeit des beruflichen Aufstieges, der Weiterbildung und der Übernahme von Verantwortung, mag zunächst aufgrund der meist flachen Hierarchien innerhalb eines Fitnessstudios als schwierig erscheinen.
Allerdings beginnt es hier bereits beim Auszubildenden oder Studenten. Junge Menschen merken sehr schnell durch ihre Vernetzung und spätestens beim Austausch mit anderen Kollegen an der Schule oder Uni, ob sie im Ausbildungsbetrieb lediglich als günstige Arbeitskraft eingestellt wurden und in den ersten Monaten oder gar Jahren den Theken- und Gerätebereich sauber halten sollen oder ob sie in ihrem Club von Anfang an durch eine gut strukturierte Einarbeitung und zusätzliche Fortbildungsmaßnahmen über die Berufsschule hinaus schnell für andere Arbeitsbereiche und Einsatzgebiete vorbereitet werden.
Durch diese Vorleistung wird dem jungen frischen Mitarbeiter schnell klar, dass es dem Betrieb wichtig ist, Auszubildende über die reine Lehrzeit hinaus an das Unternehmen zu binden und zu übernehmen.
Der Grad der Automatisierung in einem Club taucht nun ein weiteres Mal auf. Denn obwohl z. B. vollelektronische Trainingslösungen, virtuelle und digitale Angebote ihre absolute Sinnhaftigkeit und Berechtigung haben, muss man sich Gedanken machen, was darüber hinaus dem Kunden als individualisierte Lösungen durch gut qualifizierte Mitarbeiter angeboten wird.
Keine Fachkraft wird auf Dauer 50 % oder mehr ihrer Arbeitszeit mit immer wieder gleichen und stupiden Tätigkeiten füllen wollen. Denn nur wenn hochwertige und individualisierte Leistungen das Angebot ergänzen, machen weiterführende und vertiefende Ausbildungen Sinn.
Normative Bindung
Unter normativer Bindung versteht man, dass das Unternehmen und das gesamte Team und damit jeder einzelne Mitarbeiter mit gemeinsamen Zielen und Werten arbeiten. Der gegenseitige Mehrwert muss erkennbar sein und das Unternehmen braucht eine klare Zukunftsvision.
Ganz abgesehen davon, dass die genannten Punkte für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens elementar wichtig sind, arbeiten viele Unternehmer mit ihren Mitarbeitern zwar ständig im Unternehmen, aber nicht am Unternehmen. Eine Unternehmensvision mit den daraus abgeleiteten Zielen und Werten muss zunächst überhaupt existieren und erarbeitet werden.
Damit sie dann aber nicht auf einem Stück Papier in der Ablage verschwindet, muss sie von möglichst vielen Mitarbeitern mitgetragen werden. Das wird erreicht, indem man viele oder am besten alle Mitarbeiter in den Gestaltungsprozess einbindet. Durch diese Einbindung steigen die Identifikation und die Verbundenheit mit dem Unternehmen.
Nun müssen die Ziele und Werte regelmäßiger Bestandteil der Kommunikation werden. Beginnend im Einstellungsprozess, denn damit weiß jeder von Anfang an, auf was er sich mit diesem Arbeitsplatz einlässt und ob er ein langfristiger Teil des Systems werden möchte. In fortlaufenden Meetings muss immer wieder über Vision, Ziele und Werte gesprochen werden, zum einen, um jeden, der nicht an der Gestaltung direkt beteiligt war, ins Boot zu holen. Zum anderen, um alle Teammitglieder immer wieder an das gemeinsam Erarbeitete zu erinnern.
Das Unternehmen hat jetzt einen klar kommunizierten Kompass, an dem sich alles Handeln und auch alle Entscheidungen orientieren. Die Steuerung des Unternehmens ist somit für jeden ein Stück weit beeinflussbar und auf jeden Fall immer klar nachvollziehbar.
Emotionale Bindung
Die emotionale Bindung ist in der Arbeitswelt genau wie in zahlreichen anderen Lebensbereichen viel stärker ausgeprägt und wichtiger als die rationale Bindung. Empfinde ich meine Arbeit als sinnstiftend, empfange ich dafür Wertschätzung und besteht eine gute Beziehung zu Kollegen, zu den Führungskräften, zum Chef?
Hier könnte der Fitnessclub als Arbeitgeber leicht punkten und trotzdem werden oftmals Möglichkeiten und Chancen nicht genutzt. Denn viele junge Menschen beginnen aus Enthusiasmus und Leidenschaft heraus die Ausbildung in einem Fitnessclub und müssen dann nach kurzer Zeit frustriert feststellen, dass sie Tag für Tag Neukunden an standardisierten Gerätesystemen einweisen müssen und die Kunden häufig kein zweites Mal mehr treffen.
Noch einmal muss betont werden, dass standardisierte Lösungen für Kunden eine durchaus sinnvolle Ergänzung oder einen einfachen Trainingseinstieg darstellen können. Aber es gibt natürlich zahlreiche Mitglieder, die darüber hinaus hochindividuelle Varianten ausprobieren und nutzen wollen.
Mitglieder scheitern meist nicht am falschen Training bzw. Trainingssystem, sondern am fehlenden Reiz und an der Regelmäßigkeit des Trainings. Die beiden letztgenannten Faktoren für ein erfolgreiches Training kann nur ein Mitarbeiter liefern. Diese Möglichkeit muss dem Kunden und dem Mitarbeiter gegeben werden. Über betreutes Gruppentraining, Groupfitness, Workshops, Personal Training, Rehasport und Präventionskurse werden Mitglieder erfolgreich.
Für motivierte und erfahrene Trainer stellt sich nun Sinnhaftigkeit ein, weil sie endlich Mitglieder auf dem Weg zum Trainingserfolg begleiten können. Die gebührende Wertschätzung ist nun eine logische und nicht zu verhindernde Folge. Erfolgreiche Kunden sprechen darüber, empfehlen ihren Club und ihren Trainer.
Neben der Wertschätzung der Kunden sind für Mitarbeiter kleine Aufmerksamkeiten vonseiten des Arbeitgebers aber ebenso entscheidend. Lobgespräche, Herzlichkeitsgeschenke, regelmäßige Teamevents oder Weihnachtsfeiern, die über ein langweiliges Abendessen hinausgehen und einen wirklichen Incentive-Charakter haben. Vor allem müssen große, aber auch kleine Erfolge gefeiert werden.
Rationale Bindung
Viele der bereits angeschnittenen Themen münden automatisch in der rationalen Bindung eines Mitarbeiters. Denn wenn der Arbeitgeber alle Bindungsmöglichkeiten nutzt, ist es kein Problem mehr, flexible Arbeitszeitmodelle, transparente Bonussysteme und betriebliche Altersvorsorge anzubieten.
Die 40-Stunden-Woche muss nicht der Standard sein. Gerade die Generation Z will eine Auszeit nehmen und etwas von der Welt sehen. Über Sabbatical-Modelle öffnet der Betrieb diese Möglichkeiten und macht sie somit vielleicht überhaupt erst wirtschaftlich umsetzbar.
Wenn Trainer ihre Stunden nicht nur nach betrieblichen Bedürfnissen abarbeiten müssen, sondern z. B. über Personal Training mit jeder geleisteten Stunde hohe Zusatzumsätze generieren, dann kann es dem Betrieb egal sein, wann diese Stunden geleistet werden. Gut gebuchte Personal Trainer, die in 50 % oder mehr ihrer Arbeitszeit für hohe Renditen sorgen, können damit auch einen großen Teil ihrer Arbeitszeit mitbestimmen und gestalten.
Über Bonussysteme wie Provisionen für Mitgliedschaftsverkauf, Personal Training oder Zusatzvergütung für hochwertige Arbeitsinhalte wie Kursstunden können Stundenlöhne von 25‒50 Euro brutto realisiert werden. Jedem Fitnessclub und auch jedem Mitarbeiter muss klar sein, dass man nicht schlechten Mitarbeitern möglichst geringe Löhne zahlen will, sondern den besten Mitarbeitern Top-Gehälter ausschütten möchte.
In Vollanstellung sind für normale Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung Monatsgehälter von 3.500‒4.500 Euro brutto leicht darstellbar, aber der Arbeitgeber muss die Voraussetzung dafür schaffen. Wenn dann zusätzlich Ziele, Zahlen und Ergebnisse regelmäßig transparent kommuniziert werden, erzeugt man Sog statt Druck und gewinnt ein Team von Leistungsträgern und High-Performern.
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Quelle und Bildquelle: BODYMEDIA
Veröffentlicht am: 7. Februar 2023