Eine Partnerschaft zwischen Fitnessstudios und Physiotherapiepraxen eröffnet spannende Perspektiven für eine integrierte Gesundheitsversorgung und bietet die Möglichkeit, ein breiteres Publikum zu erreichen. Für Fitnessstudios ergibt sich die Chance, das Angebotsspektrum zu diversifizieren und zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Allerdings ist es entscheidend, die rechtlichen Rahmenbedingungen genau zu verstehen, um die Kooperation gesetzeskonform zu gestalten.
Rechtliche Überlegungen zur Integration
Bei der Einbindung einer Physiotherapiepraxis in ein Fitnessstudio als fester Bestandteil des Unternehmens müssen bestimmte rechtliche Anforderungen berücksichtigt werden. Insbesondere wenn die Praxis Leistungen für gesetzlich versicherte Patienten anbieten möchte, gelten die gleichen Regularien wie für unabhängige Physiotherapiepraxen. Laut den Richtlinien der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) muss eine solche Praxis eine eigenständige Einheit darstellen und darf räumlich nicht mit anderen Geschäftsbereichen, wie dem Fitnessstudio, verbunden sein. Ohne diese Trennung können beispielsweise Schwierigkeiten bei der Abrechnung der Leistungen mit den Krankenkassen entstehen. Eine Alternative zur Vermeidung dieses Problems wäre, die Praxis ausschließlich als Privatpraxis zu führen, also nur Dienste für Selbstzahler anzubieten, oder die Praxis unter einer Heilpraktikerlizenz zu betreiben.
Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft
Wenn du planst, deine Aktivitäten mit einer Physiotherapiepraxis zu kombinieren und diese als integrierten Teil deines Fitnessstudios zu etablieren, führt dies in der Regel zur Gründung einer neuen gemeinsamen Gesellschaft. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, die Physiotherapiepraxis in eine bestehende Gesellschaft und Struktur einzugliedern. Zukünftig wäre diese dann für Personalentscheidungen, Gehaltsfestlegungen und Investitionen zuständig. Sowohl Therapeuten als auch Trainer wären unter dem Dach dieser Gesellschaft beschäftigt. Die Eigentümer beider Ursprungsbetriebe würden zu Mitinhabern dieser neu formierten Gesellschaft. Wichtig ist es, in einem Gesellschaftsvertrag genau zu definieren, wie die Einnahmen und Gewinne der Gesellschaft zwischen den Gesellschaftern aufgeteilt werden.
Sollte die neue Gesellschaft als GmbH geführt werden, lässt sich festlegen, dass du zusätzlich zu deiner Rolle als Gesellschafter auch die Funktion eines (Mit-)Geschäftsführers übernimmst, mit entsprechender Vergütung. Dies ermöglicht es dir, in gewohnter Weise deine geschäftlichen Aktivitäten fortzusetzen.
Zusammenarbeit innerhalb der Studioräumlichkeiten
Raumvermietung
Hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen Fitnessstudios und Physiotherapiepraxen gibt es vielfältige Gestaltungsoptionen. Eine mögliche Variante ist die Vermietung von Studioräumlichkeiten an eine unabhängige Physiotherapiepraxis, die dann separat operiert. In diesem Modell agieren das Studio und die Praxis als eigenständige wirtschaftliche Einheiten, wobei die Konditionen der Zusammenarbeit vertraglich festgehalten werden. Wichtig dabei ist, insbesondere bei der Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten, die räumliche Trennung strikt einzuhalten.
Dienstvertrag mit einem unabhängigen Physiotherapeuten
Eine alternative Kooperationsform ist die Erbringung von bestimmten Selbstzahlerleistungen durch einen Physiotherapeuten direkt im Fitnessstudio, ohne feste eigene Räumlichkeiten. Hierbei ist entscheidend, dass keine Heilbehandlungen angeboten werden. Das Leistungsspektrum ist beschränkt auf reine Selbstzahlerleistungen. Falls das Studio diese Leistungen anbietet und entweder die Bezahlung direkt durch die Mitglieder erfolgt oder die Leistungen im Mitgliedsbeitrag inbegriffen sind, ist eine klare vertragliche Regelung mit dem Physiotherapeuten über dessen Vergütung notwendig, typischerweise in Form eines Dienstvertrages.
Diese Konstellation scheint einfach, birgt jedoch das Risiko der sogenannten "Scheinselbstständigkeit". Dieses Risiko besteht vor allem, wenn die Tätigkeit des Physiotherapeuten Ähnlichkeiten mit einer Angestelltentätigkeit aufweist und dieser zum Beispiel eine typische Studio-Kleidung trägt, an Teammeetings teilnimmt oder Weisungen des Studioleiters befolgt. Der Physiotherapeut muss zudem als selbstständiger Unternehmer am Markt erkennbar sein und sollte auch für andere Auftraggeber tätig sein, um den Status der Selbstständigkeit nicht zu gefährden.
Selbstständige Abrechnung durch den Physiotherapeuten
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der Physiotherapeut eigenständig als Anbieter auftritt und für die Nutzung der Räumlichkeiten eine Miete an das Studio zahlt. Hierbei ist es essenziell, darauf zu achten, dass keine Leistungen angeboten werden, die bereits im Mitgliedsvertrag des Studios enthalten sind, wie etwa die Erstellung eines Trainingsplans oder therapiebegleitende Trainings, um auch hier das Risiko der Scheinselbstständigkeit zu vermeiden.
Werbevorschriften im Gesundheitssektor
Wer im Gesundheitsbereich werben möchte, muss sich mit spezifischen rechtlichen Anforderungen auseinandersetzen. Es ist ratsam, sich zunächst grundlegend mit dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu befassen oder sich fachlich beraten zu lassen. Ein zentrales Gebot ist, dass Werbung transparent und ehrlich sein muss und den Verbraucher auf keinen Fall in die Irre führen darf.
Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Werbung, wenn sie auf die Linderung oder Behandlung von Beschwerden abzielt. Das Heilmittelwerbegesetz schreibt vor, dass solche Werbeaussagen verboten sind, wenn sie Heilversprechen enthalten, die nicht wissenschaftlich belegt sind. Beispiele für solche unzulässigen Behauptungen könnten Aussagen wie „Kinesiologie-Taping verbessert die Belastbarkeit“ sein, sofern diese nicht durch wissenschaftliche Daten gestützt werden können.
Die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend oder täuschend ist, hängt oft vom spezifischen Einzelfall ab. Um rechtlich abgesichert zu sein, ist es empfehlenswert, sich in der Werbung auf eigene Erfahrungen oder die konkreten Erfahrungen von Mitgliedern zu stützen und dabei allgemeingültige oder übertriebene Behauptungen zu vermeiden.
Herausforderungen in Bezug auf den Datenschutz
In deinem Fitnessstudio werden täglich zahlreiche personenbezogene Daten verarbeitet, was eine sorgfältige Beachtung des Datenschutzes erfordert. Diese Anforderungen intensivieren sich, wenn du mit einem Physiotherapeuten zusammenarbeitest und dabei Gesundheitsdaten involviert sind. Im Unterschied zu einer regulären Praxis, bei der die Datenverarbeitung oft über einen Patientenvertrag geregelt wird, ist dies bei Dienstleistungen für Selbstzahler nicht automatisch der Fall.
Für die Verarbeitung solcher sensiblen Gesundheitsdaten ist es notwendig, spezielle Datenschutzmaßnahmen zu ergreifen. Dies umfasst die Erstellung einer detaillierten Datenschutzerklärung sowie die Einholung einer expliziten Einwilligung von den Selbstzahlerkunden, bevor ihre Gesundheitsdaten erfasst und verarbeitet werden können.
Erfolgreiche und rechtlich abgesicherte Positionierung im Gesundheitsmarkt
Die Angebote von Selbstzahlerleistungen in der Physiotherapie nehmen stetig zu und bieten erhebliches Wachstumspotenzial. Eine erfolgreiche Integration einer Physiotherapiepraxis in ein Fitnessstudio kann für beide Seiten vorteilhaft sein. Eine solche Partnerschaft kann nicht nur Synergien schaffen, sondern auch das Dienstleistungsangebot erweitern.
Um eine solide und rechtssichere Marktstellung zu erreichen, ist es essenziell, von Anfang an alle rechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Dazu gehören die spezifischen Anforderungen der verschiedenen Kooperationsmodelle sowie die Beachtung der gesetzlichen Vorschriften zur Vermeidung von Scheinselbstständigkeit. Mit dieser strategischen Herangehensweise können Fitnessstudios und Physiotherapiepraxen nicht nur ihre bestehenden Mitglieder effektiver binden, sondern auch neue Kundensegmente erfolgreich erschließen.
Redaktion fitnessmarkt.de
Quelle: shape UP Business
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Veröffentlicht am: 16. April 2024