Köln - Der Januar ist dafür bekannt, dass die Fitnessstudios des Landes chronisch überfüllt sind. Das liegt meist an den guten Vorsätzen, gefasst nach der dritten Runde Bleigießen mit Blick auf die Wölbung im Bauchbereich nach ausschweifenden Weihnachtsessen. Und dem damit verbundenen schlechten Gewissen. Doch der Ansturm auf die mit Crosstrainern, Freihantelbereichen, Disco-Musik und Spiegelflächen ausgestatteten Anlagen hält nicht unbedingt lange an. Dennoch belegen die Daten, dass die Fitnessbranche durchaus boomt.
Im Januar steigt die Motivation
Die Zahlen zeigen: Ja, zum Jahresbeginn gibt es mehr Anmeldungen als zu anderen Zeitpunkten des Jahres. Viel mehr sogar. „Erfahrungsgemäß melden sich in den ersten sechs Wochen eines Jahres rund 30 Prozent aller Neukunden an“, erklärt Dustin Tusch vom Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV). Der DSSV veröffentlicht jährlich Eckdaten zur deutschen Fitness-Wirtschaft, die sowohl ökonomische als auch strukturelle Entwicklungen der Branche aufzeigen. Auch Thomas Sommerfeld, Leiter des Fitnessstudios „Bushido“ in Köln beobachtet den Trend: „Am Anfang des Jahres ist immer viel zu tun. Die Menschen nehmen sich vor, fit ins neue Jahr zu starten.“
Nach den ersten sechs Wochen gehen typischerweise weniger Menschen in die Studios. In Köln greift jedoch eine spezielle Regel: Frank Böhme, Inhaber der rheinischen Fitness-Kette „Just Fit“, hat in den letzten Jahren festgestellt, dass seine Studios stets bis Karneval überlaufen sind und sich der Ansturm danach relativiert. Auch im „Bushido“ nimmt der Andrang ab. „Dann beginnt die Zeit, in der es darum geht, die Leute zu halten“, sagt Sommerfeld.
Vor dem Strandurlaub schwitzen
Tatsächlich ist die Fluktuation in Fitnessstudios nicht unerheblich. 2015 lag die Kündigungsquote im Bundesdurchschnitt bei rund 25 Prozent im Verhältnis zum durchschnittlichen Mitgliederbestand. „Zwischendurch gibt es noch mal einen Anmelde-Höhepunkt vor dem Sommerurlaub. Stichwort Bikinifigur. Und im Herbst, wenn die Tage kürzer und die Temperaturen niedriger werden“, erklärt Tusch.
Das ist von Studio zu Studio unterschiedlich. Im „Bushido“ beispielsweise setzt Thomas Sommerfeld auf Kundenzufriedenheit: „Man hat nichts davon, wenn die Leute im März wieder gehen. Bei uns schätzen die Leute das persönliche Flair.“ Bei „Just Fit“ hat Frank Böhme einen alternativen Weg gefunden. In seinen Studios gibt es seit einigen Jahren ein Programm, bei dem Mitglieder Geschenke wie die Erstattung eines Monatsbeitrags erhalten, wenn sie regelmäßig zum Training kommen. „Mittlerweile bleiben rund 20 Prozent mehr Leute angemeldet als zuvor“, sagt er. Generell gibt der Erfolg vielen Studios auch recht. Am Ende des Jahres 2015 gab es über 400 000 Fitnessstudio-Mitglieder mehr als noch Ende 2014. Für 2016 liegen dem DSSV noch keine konkreten Zahlen vor, Dustin Tusch ist aber optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass 2016 die Mitgliederzahl sowie der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr weiter gewachsen sind.“
Die Branche wird weiter wachsen
Keiner der Experten rechnet mit einem Ende des Fitness-Booms. Im Gegenteil: Es werde noch mehr Wachstum geben, glaubt Böhme. Neben günstigen Angeboten komme noch ein Faktor hinzu: der Gesundheitszustand vieler Menschen. „Sieben Millionen Bürger in Deutschland leiden an Diabetes, sieben Millionen mehr sind erkrankt, wissen es aber nicht. Und weitere sieben Millionen kommen in den nächsten Jahren dazu.“ Mittlerweile sei die sogenannte „Altersdiabetes“, die zu Muskelschwund führt, auch unter jüngeren Menschen verbreitet. „Die Jugend von heute hat ja kaum mehr Muskeln. Die kennen maximal noch Gicht in den Fingern vom Playstation spielen“, sagt er.
Krankenkassen wollen Hype unterstützen
Die Krankenkassen würden deswegen jetzt schon überlegen, Motivationsprodukte einzuführen, um regelmäßiges Training in Fitnessstudios zu fördern. Auch werde es neue Angebote im Fitnessbereich geben. „Just Fit“ arbeite momentan an einem Studio mit Außenbereich, das von kalifornischen Anlagen inspiriert sei. Sogenannte Special-Interest-Anlagen existieren zwar auch jetzt schon, machen aber mit rund 500 000 Mitgliedern bundesweit nur einen kleinen Teil des Sektors aus.
Thomas Sommerfeld glaubt an den Erfolg des kleinen, persönlichen Studios: „Die Leute wollen keine Massenabfertigung, sondern den direkten Kontakt zum Trainer.“ Doch Frank Böhme glaubt, dass es Einzelkämpfer in Zukunft schwer haben werden. „Private, kleine Studios sind wichtig und toll für die Vielfalt der Branche. Aber die großen Betriebe haben den Vorteil, dass sie einfach mehr Geld zum Investieren und Wachsen haben.“ Das bestätigt auch der DSSV. Gerade die Kettenstudios seien die Wachstumstreiber der Branche.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger
Bildquelle: Pixabay
Veröffentlicht am: 3. Januar 2017