In Deutschland haben sich in den vergangenen 20 Jahren die Fitnessstudios im Zuge der „Volksbewegung Fitness“ verändert. Aus den einstmals in Hinterhöfen angesiedelten „Muckibuden“ sind repräsentative Fitness-, Gesundheits- und Wellnesstempel geworden. Im Rahmen dieser Entwicklung hat sich auch die Erwartungshaltung der Kunden an die einzelnen Fitnessstudios verändert und beschränkt sich mittlerweile nicht mehr nur auf die Wünsche „gutes Aussehen“ oder „verbesserte Fitness“.
Auch gesundheitsorientierte Zielsetzungen sind den Mitgliedern zunehmend wichtig. Diese veränderte Erwartungshaltung der einzelnen Mitglieder ist zum Teil sicherlich mit einer veränderten Altersstruktur zu begründen. Denn blickt man auf das Alter der Kunden, so fällt auf, dass von den etwa 9,5 Millionen Mitgliedern der deutschen Fitnessstudios im Jahr 2015 rund die Hälfte 40 Jahre oder älter war.
Studien und Befragungen verschiedener Krankenkassen zeigen, dass bei Menschen ab einem Alter von 40 Jahren neben dem Bewusstsein für die eigene Gesundheit auch die Wahrscheinlichkeit steigt, von Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems, des Herz-Kreislauf-Systems oder von neurologischen Erkrankungen betroffen zu sein. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass unter den rund 4,5 Millionen Mitgliedern deutscher Fitnessstudios, die 40 Jahre oder älter sind, immer mehr Menschen aufgrund bestehender Erkrankungen oder Verletzungen besondere Aufmerksamkeit bei der Erstellung eines Trainingsplans brauchen.
Speziell dieser Mitgliederkreis hat einen Bedarf an besonders gut ausgebildeten Trainern, die über eine zusätzliche Qualifikation aus dem Bereich des medizinischen Fitnesstrainings verfügen. Aber was genau ist eigentlich „medizinisches Fitnesstraining“? Häufig wird der Begriff „medizinische Fitnesstraining“ (MFT) mit Rehabilitations- oder Gesundheitssport verwechselt. Oder er wird synonym zur MTT, der „medizinischen Trainingstherapie“, gebraucht.
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Trainer – keine Therapeuten
Man muss in diesem Zusammenhang klarstellen, dass Trainer, die über eine Qualifikation im Bereich des medizinischen Fitnesstrainings verfügen, keine Therapeuten sind. Es werden keine Therapieformen angewendet und keine Patienten auf Rezept behandelt. Vielmehr werden Kunden unter gesundheitsorientierten Aspekten von speziell ausgebildeten Fitnesstrainern mit den Möglichkeiten des Fitnesssports in einem Fitnessstudio betreut.
Das heißt: Die verantwortlichen Studiotrainer wissen, welche Übungen und welche Trainingsmethoden sich bei Kunden anbieten. Und sie wissen, was unter Umständen kontraindiziert ist – zum Beispiel, wenn die Kunden eventuell schon einen Bandscheibenvorfall hatten, sich vor einiger Zeit das vordere Kreuzband gerissen haben oder unter leichtem Bluthochdruck leiden. Das gilt auch für sonstige körperliche Einschränkungen, die die aktuelle Lebensqualität negativ beeinflussen und gegen die der Kunde eigenverantwortlich etwas unternehmen möchte.
Es handelt sich bei den Kunden also nicht um Menschen, die das Fitnessstudio aus therapeutischen Gründen besuchen. Es handelt sich um Menschen, die eine logische und konsequente Fortführung einer abgeschlossenen Therapie in eigener Verantwortung anstreben. Um Menschen, die einen gesundheitsbewussten Umgang mit dem eigenen Körper anstreben. Medizinisches Fitnesstraining wird in diesem Zusammenhang auch oftmals als der verlängerte Arm der Therapie bezeichnet. Es verbindet Therapie und Fitness.
Diese Sichtweise wird dadurch verstärkt, dass immer mehr Ärzte und Therapeuten die Bedeutung von körperlicher Aktivität und Fitnesstraining im Anschluss und als Ergänzung zu einer bestehenden Therapie erkennen und ihren Patienten empfehlen, in einem Fitness- oder Gesundheitsstudio zu trainieren.
Präventive Komponente
Niemand zweifelt mehr an den positiven Effekten von Bewegung und körperlicher Aktivität. Durch Bewegung können neben den Symptomen zum Teil auch die Ursachen von Erkrankungen bekämpft werden. So hat körperliche Aktivität beispielsweise bei Typ-2-Diabetikern einen positiven Effekt auf den Transport des Zuckers aus dem Blut in die Zelle. Dadurch kann bei vielen Patienten die tägliche Insulindosis reduziert werden. In manchen Fällen können auch die Medikamente in Absprache mit dem Arzt abgesetzt werden.
Auch bei Erkrankungen und Verletzungen des Muskel- und Skelettsystems, bei inneren und bei psychischen Erkrankungen konnte in verschiedenen Untersuchungen eine positive Wirkung von körperlicher Aktivität und Sport auf die Gesundheit des Individuums belegt werden. Man darf das medizinische Fitnesstraining allerdings nicht nur auf die Betreuung von älteren Kunden nach einer – oder parallel zu einer – Therapie betrachten. Medizinisches Fitnesstraining ist mehr:
Es richtet sich auch an Kinder und Jugendliche sowie an Menschen mittleren Alters ohne bekannte körperliche Beschwerden. Es wird im medizinischen Fitnesstraining nämlich auch der präventive Ansatz verfolgt, unseren typischen Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht und Adipositas vorzubeugen. Beide entwickeln sich meist aus einer inaktiven Lebensweise in Verbindung mit einer falschen Ernährung.
Ob präventive oder rehabilitative Zielsetzung: Beim medizinischen Fitnesstraining wird besonders auf den Kunden sowie dessen individuelle Voraussetzungen und Bedürfnisse im Rahmen eines Anamnesegesprächs und einer ausführlichen Eingangsuntersuchung eingegangen. Es werden Fragen zum bisherigen Lebensstil, möglichen Erkrankungen und eventuellen Verletzungen gestellt. In der Regel führt der Trainer danach eine ausgiebige Inspektion durch und beurteilt anhand verschiedener Ausdauer-, Kraft- und Beweglichkeitstests den Status quo des Kunden. Im Anschluss werden gemeinsam die individuellen Trainingsziele festgelegt. Gibt es ärztliche Empfehlungen oder bereits absolvierte Reha-Trainingspläne des Kunden, werden diese bei der Trainingsplanung mit einbezogen.
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Gesundheit selbst in die Hand nehmen
Auf Basis seines fundierten Wissens über Anatomie und Physiologie des Menschen in Verbindung mit Kenntnissen über die verschiedenen Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparats und des Herz-Kreislauf-Systems kann der Trainer dann entscheiden, welche Übungen und Trainingsmethoden für den Kunden zu empfehlen sind und wo gegebenenfalls Vorsicht geboten ist. Medizinische Fitnesstrainer zeichnen sich aber auch dadurch aus, dass sie bei der Betreuung der Kunden ihr Augenmerk nicht nur auf die Trainingspläne und die Betreuung im Studio richten, sondern noch mehr auf den Kunden und seinen Lebensstil.
Sie geben zusätzlich Tipps zur Ernährungsgestaltung und motivieren den Kunden, die Verantwortung für die eigene Gesundheit und das eigene Wohlbefinden noch bewusster in die eigenen Hände zu nehmen. Um für die Arbeit als medizinischer Fitnesstrainer gewappnet zu sein, müssen interessierte Studiotrainer eine entsprechende Weiterbildung oder Zusatzqualifikation absolviert haben, in der das bestehende Wissen eines Fitnesstrainers um das Wissen ausgewählter Aspekte der Krankheitslehre des Menschen und verschiedener therapeutischer Konzepte ergänzt und vertieft wird.
Ausbildungstipp
Es gibt mehrere Studieninstitute und Akademien, die solche Fort- und Weiterbildungen auf dem Markt anbieten. Bei der Auswahl des passenden Angebots sollten Interessierte allerdings darauf achten, ob die gewünschte Weiterbildung öffentlich zertifiziert ist und ob mit dem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung zum medizinischen Fitnesstrainer eine weitere Qualifikation, beispielsweise zum „Übungsleiter im Rehabilitationssport“, möglich ist.
Quelle: shape UP
Veröffentlicht am: 19. September 2017