Die Marktdurchdringung mit Smartphones nimmt in Deutschland weiter zu. Laut dem Branchenverband BITKOM benutzten 2015 bereits 44 Millionen Deutsche Internet- und App-fähige Mobilgeräte; ein Bevölkerungsanteil von fast 54 Prozent.
Die Verwendung von Apps ist nicht länger eine Frage des Alters: 65 Prozent der 50–64-Jährigen besitzen bereits ein Smartphone. Es ist daher nicht überraschend, dass Smartphone-Apps mit den Schwerpunkten Gesundheit, Fitness oder medizinische Versorgung inzwischen sehr beliebt sind, wie z.B. Runtastic oder Freeletics. Laut einer brandneuen Untersuchung von Deloitte verwenden nur 2 Prozent der deutschen Sportler, die ein Smartphone besitzen, überhaupt keine Fitness-App. Unglücklicherweise berücksichtigt diese Studie keine Gesundheits- und Ernährungs-Apps (n=171; DSSV Industrie Newsletter 05/15).
Leider gibt es nur wenige Informationen zu wichtigen Kennzahlen – z.B. dem Prozentsatz der Bevölkerung, die bereits Gesundheits-Apps verwenden – und zu den Gründen für Adoption/Nichtadoption und Nutzungsabbruch. Genau das ist der Fokus einer neuen umfassenden US-Studie der New York University School of Medicine von Paul Krebs und Dustin T. Duncan: „Health App Use Among US Mobile Phone Owners: A National Survey“ (Verwendung von Gesundheits-Apps bei Smartphone-Besitzern in den USA: eine landesweite Untersuchung). Noch interessanter sind die Ergebnisse dieser Studie, denn die Vereinigten Staaten sind Deutschland etwa drei bis fünf Jahre voraus, was die Digitalisierung angeht. Lassen Sie uns also einen Blick in die Kristallkugel werfen…
Gesundheits-Apps in den USA
Tatsächlich sind die USA hinsichtlich der Nutzung von Smartphones schon viel weiter als wir: Fast 64 Prozent der Bevölkerung und schon 82 Prozent der 18–49-Jährigen verwenden Smartphones. Zusätzlich besitzen 15% der US-Bevölkerung ein mit dem Smartphone verbundenes tragbares Gerät wie ein Fitbit (Trainingstracker/Armband) oder eine Smartwatch.
Studiendesign
Im Juni 2015 wurde eine Querschnittsstudie mit 1604 Smartphone-Verwendern in den Vereinigten Staaten durchgeführt: Die Teilnehmer waren 18 Jahre oder älter, sprachen Englisch, besaßen ein Smartphone und waren zu gleichen Teilen Männer bzw. Frauen. 60 Prozent hatten ein jährliches Einkommen von weniger als 50.000 Dollar. Auch der Gesundheitszustand der Teilnehmer wurde festgehalten: 34 Prozent hatten einen „normalen“ BMI (18.5–24.9), aber 62 Prozent waren übergewichtig (BMI 25–29.9; 27 %) oder sogar fettleibig (BMI ≥30; 35%). Von den Befragten gaben 51 Prozent an, sehr oder sogar außergewöhnlich gesund zu sein. Die am häufigsten gestellten Diagnosen (laut eigener Aussage) waren: Bluthochdruck (22,7%), hoher Cholesteringehalt (19,9%), Depressionen (16,7%), Fettleibigkeit (12,3%) und Diabetes (10,2%).
Verwendung von Gesundheits- und Fitness-Apps
Was die Verwendung von Gesundheits-Apps angeht, hatten 58,2% der Befragten eine App auf ihr Smartphone geladen, um ihre Gesundheitshistorie aufzuzeichnen; 41,6% hatten sogar mehr als fünf gesundheitsbezogene Apps heruntergeladen. Dabei wurden alle Programme berücksichtigt, die in den Appstores unter den Rubriken „Gesundheit und Fitness“ und „Medizinische Apps" aufgelistet waren. Die häufigsten Gründe, die die Befragten dafür angaben, warum sie Apps heruntergeladen hatten, waren: um nachverfolgen zu können, wie viel körperliche Aktivität man geleistet habe (52,8%), um nachverfolgen zu können, wie viel man esse (47,6%), um abzunehmen (46,8%) und um Übungen zu erlernen (34,0%).
Die Mehrheit der Befragten (65,5%) rufen ihre Gesundheits-App wenigstens einmal pro Tag auf und 44,4 Prozent verwenden ihre Apps zwischen 1 und 10 Minuten lang. Das Vertrauen in die Sicherheit (78,2%) und in die Qualität (81,3%) der gesammelten Daten ist ziemlich hoch.
Gründe für Nichtverwendung oder abgebrochene Verwendung
Im Allgemeinen spielt der Datenschutz in den Vereinigten Staaten eine viel geringere Rolle als in Deutschland. Dennoch verzichteten 21,8 Prozent der Befragten wegen Datenschutzbedenken darauf, Gesundheits-Apps zu installieren. Andere Gründe waren: allgemein fehlendes Interesse (27%), hohe Kosten (23%) oder die Überzeugung, keine Gesundheits-App zu brauchen (10,9%).
Ein großer Teil der Befragten gab an, Gesundheits-Apps auf ihr Smartphone geladen zu haben, die sie nicht mehr benutzten. Die Hauptgründe dafür waren: Man braucht zu viel Zeit, um die Daten einzugeben (44,5%), man verliert das Interesse (40,5%), die Benutzerführung ist verwirrend (32,8%) oder man mag es nicht, dass die App Daten an Freunde überträgt (29%).
Verbessern Apps die Gesundheit?
Die große Mehrheit (60,3%) der Teilnehmer berichtet lediglich von einer leichten Verbesserung der Gesundheit. Fast ein Drittel aber behauptet, einen großen Nutzen von den Apps zu haben und nur 10,5 Prozent haben keine Verbesserung oder sogar eine Verschlechterung ihrer Gesundheit festgestellt.
Was Apps leisten sollten
Die Mehrheit der kritischen Kommentare geht auf die Beziehung zwischen Nahrungsaufnahme, körperlicher Aktivität und Gewichtsmanagement ein. Die Apps sollten spezifischere und stärker personalisierte Empfehlungen in Bezug auf Training/Aktivitäten und Ernährung bieten. In diesem Kontext spielt die Motivation eine wichtige Rolle: Apps sollten darauf hinweisen, dass Bewegung unbedingt erforderlich ist. Zusätzlich wird erwartet, dass man direkt mit dem Arzt kommunizieren kann, um Termine zu vereinbaren oder die Daten zu diskutieren, die die Apps aufgezeichnet haben. Laut der Studie könnte die Bereitschaft, persönliche Daten zu sammeln und zu teilen, ein wichtiges Thema für die zukünftige Gesundheitspolitik sein. Trotzdem gibt es auch in den USA massive Bedenken gegen die Verwendung dieser Daten durch die Versicherungen.
Chancen für die Fitnessbranche
Kein Zweifel: Die Verwendung von Gesundheits-Apps wird in Europa zunehmen. Die größte Herausforderung ist, Apps zu entwickeln, die von großen Teilen der Gesellschaft akzeptiert werden. Die US-Studie zeigt, dass Menschen mit höherem Einkommen und höherer Bildung häufiger Gesundheits-Apps verwenden. Daher muss noch mehr dafür getan werden, die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen und die datenschutzrechtlichen Probleme zu lösen, um breitere Bevölkerungsteile zu erreichen. Und auch die Fitnessbranche kann von der zunehmenden Verbreitung von Gesundheits-Apps profitieren, nicht zuletzt weil die gesammelten Daten eine stärkere Personalisierung von Training und Therapie ermöglichen. Das bedeutet große Chancen für weiteres Wachstum durch eine Verbesserung des Verbrauchererlebnisses.
Quelle: Body Life
Bildquelle: Alexey Boldin/shutterstock
Veröffentlicht am: 18. Dezember 2015